Zwischen Vokabeln und Urlaub


Der erste Monat in der Sprachschule


Mit der Devise unter der Woche ein bisschen Schule zu spielen und nachmittags und/oder am Wochenende Ausflüge zu unternehmen, lernen wir hier Spanisch. Es könnte uns so viel schlechter ergehen.

Die Zeit der Sprachschule geht morgen vorüber. Das heißt wir sind inzwischen einen ganzen Monat hier in Mexiko. Es fühlt sich eher an, als wären wir vorgestern erst angekommen. Der einzige Unterschied ist, dass wir inzwischen alle besser oder erst überhaupt ein bisschen Spanisch sprechen und vieles erlebt haben. Den letzten Monat verbrachten eigentlich eher

zwischen Vokabeln und Urlaub.


Beginnen wir mit der Sprachschule. Als wir am Dienstag vor vier Wochen hier angekommen sind, wurden wir von unseren Gastfamilien abgeholt. Nach Frühstück und zwei Stunden Zeit den verpassten Schlaf von der Busfahrt nachzuholen, ging es auf eine kleine Stadtführung durch Oaxaca. Carlos, der Sprachschulleiter und eine der Lehrerinnen, die sich mit ihm um die Aufteilung der Schüler in gruppen kümmert, haben diese Führung geleitet.
Stadtführung in abgespeckter Besetzung

Dabei haben die beiden mit jedem einzeln einen kleinen Smalltalk geführt, oder eben nach Sprachlevel auch nicht geführt. So war auch die Stadtführung ein essentieller Teil der Gruppeneinteilung, wie uns aber erst später bewusst wurde.
Tim konnte dort leider nicht dabei sein, weil sein Magen der erste war, der streikte. Aber in der Zeit hier in Oaxaca auch lange nicht der letzte, wie sich im Verlauf der Zeit herausstellen sollte.

Quod erat expectandum.


So begann unsere Zeit in der Sprachschule. Ab dem nächsten Morgen hatten wir auch schon eigentlich einen festen Alltag. Um 8 gibt es Frühstück, um 9 beginnt der Unterricht um 14 Uhr geht es wieder nach Hause. Dann ist um zwanzig nach das Mittagessen fertig, sodass wir gegen 15 Uhr in eine kleine Siesta gehen und Nachmittags wieder etwas unternehmen können.

Der Unterricht ist sehr informell gestaltet, was aber in keinster Weise eine niedrige Intensität bedeutet. Auch alles gewohnte aus den vergangenen zwölf Jahren Schule, holt uns wieder ein. Mal eine kleine Lernstandsüberprüfung, tägliche Hausaufgaben – die nicht zu knapp ausfallen – und natürlich eine von mir so geliebte Eigenschaft des Sprachen Lernens: Das Vokabeln lernen.
So sind die letzten Seiten meines Notizbuches für die Sprachschule für die Vokabel-Listen reserviert und auch schon durchaus gefüllt. Was das Vokabel lernen hier von eben diesem in Deutschland unterscheidet, ist die Notwendigkeit die Vokabeln täglich anzuwenden und nicht nur in den paar Wortbeiträgen, die man im Schulunterricht bringt. Das macht es auf der einen Seite leichter, sich die Vokabeln zu merken, auf der anderen Seite wird das Leben dadurch nicht gerade einfacher, weil die Konzentration eigentlich nicht abbrechen darf.

Doch die Sprachschule und das Lernen, sind lange nicht alles, was von Oaxaca zu berichten ist.
An dieser Stelle ein erster Exkurs zur Mexikanischen Kultur: Die Kultur der Region hier ist in zwei Zeiten zu unterteilen: Die Präspanische Zeit und die Zeit der Spanischen Besetzung Mexikos.
Die Präspanische Zeit ist von den Kulturen der Azteken und Zapoteken geprägt, was man in vielen Traditionen, Gebäuden und der Mentalität der Menschen wiederfinden kann.

Die „Guelaguetza“ ist ein Festival in Oaxaca, der Hauptstadt des gleichnamigen Bundestaates, das jeden Juli stattfindet. Bei diesem Fest werden die alten Traditionen der einzelnen Stämme, die in Oaxaca zu einer Vielzahl gelebt haben, präsentiert. Da wir wahrscheinlich im kommenden Juli noch ein Seminar hier haben werden, spare ich mir an dieser Stelle einen detaillierten, bebilderten Eintrag dazu und gehe lieber auf die Orte ein, die wir besichtigt haben.

Den ersten Ausflug haben wir am ersten Wochenende, das wir hier verbracht haben, begangen. Carlos, einer unserer Schulleiter hat uns nach „Teotitlán de Valle“ im Osten Oaxacas. Der erste Stopp war der Fuß eines Berges. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich mir lediglich darüber bewusst, gleich ein bisschen Natur und einen wunderbaren Ausblick genießen zu dürfen.
Diese Annahme sollte sich als weder falsch, noch richtig erweisen.




Voller Bewunderung, was Menschenhände so schaffen können, blickte ich, als wir aus dem Auto ausstiegen, in Richtung Berggipfel, auf dem zwei klein scheinende Kreuze stehen. Meine Bewunderung der Menschheit gegenüber wuchs, als ich erfuhr, dass Azteken und Zapoteken über diese Bergkette problemlos liefen. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, war, dass auch wir diesen Berg erklimmen würden. Es hat zwar eine gute dreiviertel Stunde gedauert, in der wir einige Pausen einlegen und spöttische Blicke von unserem „Guide“ ertragen mussten, aber der Ausblick am Gipfel des Berges hat den Aufwand wieder wett gemacht.

Eine kleine Lehrstunde über Herstellung der Farben
Danach ging es weiter nach Teotitlán, wo wir eine alte Teppichfabrik besucht haben. Die Besonderheit der Teppiche der „Casa Cruz“ Teppiche ist, dass sie nicht nur per Hand gewebt, sondern auch die Farben der Teppiche aus natürlichen Mitteln hergestellt werden. Wer also einen Teppich der feinsten „Webstufe“ erwerben möchte, darf dann auch mit einem Preis von mehreren tausend Euro rechnen.







Da das noch nicht genug Programm für den tag gewesen sein soll, ging es noch zu einer Mezcaleria weiter. Mezcal ist gerade in der Region Oaxaca der meist getrunkene Schnaps. Neben Bier auch das gefühlt das am häufigsten gewählte alkoholische Getränk der Mexikaner hier in Oaxaca. Die Besonderheit des Mezcals sind, dass er aus verschiedenen Agavearten gewonnen wird, die im ersten Schritt auch noch „geräuchert“ werden. Beides unterscheidet den Mezcal vom Tequila, jedoch kann man selbst al Laie den zweiten unterschied deutlich schmecken.

Pflanzenkunde
Kostprobe

Gährungsprozess

Auf der Heimfahrt durch „Mitla“, ein kleines Dorf, das auf unserem Weg lag, konnten wir noch Zapotekische Tempel bewundern. Während wir durch die noch erhaltenen Teile der Tempel liefen, lag es für mich näher ein Videospiel zu spielen, als in Realität durch die rund 2500 Jahre alten Gemäuer zu schlendern.

In den folgenden Wochen ging es in verschiedenen Gruppenzusammensetzungen auf weitere Ausflüge.
„Hierve el Agua“ („koche das Wasser“) ist der Name eines Naherholungsortes der südöstlich Oaxacas liegt. Das sind natürliche Wasserquellen, die natürlich in wunderbarer Landschaft liegen. Bei dieser Gelegenheit sind wir natürlich auch eine Runde Schwimmen gegangen.



Da so eine Attraktion natürlich einen enormen touristischen Wert hat, sind auch dementsprechend viele Touristen vor Ort. Wenn man sich davon aber nicht großartig beeindrucken lässt, kann man sich doch sehr einfach der einzigartigen Landschaft widmen.

der tägliche Regenguss zur Zeit

Blick auf "Empfangsbereich" mit "Spielplatz" im Hintergrund
Ähnlich war es sich in „Monte Alban“, ein alter Tempel der Zapoteken, der seiner Zeit wohl das Zentrum der Gegend darstellte. Die Anlage liegt auf einem der Berge der Bergkette des „Monte Alban“, die direkt im Südwesten der Stadt liegt. In dem präspanischen Zentrum von rund 500 v.Chr. sind einige Überreste der damaligen Häuser erhalten geblieben. Wir waren dort zusammen mit einer Touristenführerin, die seit dreißig Jahren in Oaxaca lebt, aber ursprünglich aus Bremen kommt. Dementsprechend bekamen wir die Erklärungen auch auf Deutsch.
Die Freiwilligen der Bistümer Mpnster und Stuttgart-Rottenburg
Auf dem gesamten Gelände des Zentrums befanden sich früher 52 Tempel, die oftmals den jeweiligen Göttern gewidmet waren, und einige Sportstätten. Der große Hauptplatz wurde wohl auch hauptsächlich für Sportveranstaltungen benutzt. Der rechteckige Platz wurde an den beiden kurzen Seiten von der Zentrale des Militärs und dem gegenüber der „Empfangshalle“ eingerahmt.
Auf dem Platz finden sich drei Gebäude, von denen eines aus der Symmetrie fällt, das auch an sich nicht in die geradlinige rechteckige Architektur passt. Dieses Gebäude ist ein Sonnenobservatorium, dessen Spitze nach Südwesten zeigt. Außerdem hat es vereinzelt Löcher in der Decke, die wahrscheinlich zum Beobachten der Sternenbilder benutzt wurden. Also ist es fast eine Zapotekische Sternwarte.
Der Reichtum der Kulturen Mexikos lässt sich am einfachsten durch die Handelswege und die Bodenschätze hier erklären. So konnten eigene Waren verkauft werden, aber auch Wegzölle erhoben werden.


Blick von Süden auf den Hauptplatz mit "Sternwarte" im Vordergrund



Einen weiteren Ausflug haben wir zusammen mit einer Truppe Jugendlichen aus Oaxaca selbst gemacht.
Mit denen haben wir einen Ausflug nach „Dianzú“, einer weiteren Ruine aus Präspanischen Zeiten, gemacht.

Es ist eher eine Clique aus Cousins und Cousinen, die wir durch Zufall auf der Straße getroffen haben und uns danach immer wieder mal mit denen getroffen haben. So waren wir auch  zusammen auf diesem kleinen Ausflug. Danach sind wir noch weiter nach Mitla gefahren, wo es jeden Sonntag einen großen Markt gibt, den wir besucht haben. Beeindruckender als die vielen kleinen Stände, die in der Straße dicht nebeneinanderstehen, ist die Markthalle. Dort hängt eine gut gefestigte Dunstwolke, die die vielen Grills und Öfen der Essensstände produzieren.
Das heißt es ist voll, eng, diesig und ein olfaktorisches Feuerwerk – Äußerst authentisch.

Zwei negative Aspekte am Markt sind, so meine Empfindung, dass zwischen den vielen Fleischsorten, die später auf Tacos, Burritos etc. angeboten werden, liegt auch immer wieder Schweinehaut auf dem Grill, die die Gerüche in der Markthalle negativ beeinflusst. Hinzu kommen zig Angebote hier und dort mal eine Tüte geröstete, mit Chili gewürzte Insekten mitzunehmen oder zu probieren. Man kann mir tausendmal sagen, dass Insekten gesund seien, weil sie viele Proteine enthalten. Danach werden sie mir immer noch nicht schmecken. Aber man muss sie ja auch nicht nehmen.

Wie der Zufall es wollte, haben wir auch genau dort an einem kleinen Stand unser Mittagessen gefunden – Tlayudas, laut Google die Mexikanische Pizza.



Inzwischen sind die ersten vier Wochen auch schon rum. Wahrscheinlich verging der erste Monat auch noch schneller, weil wir hier in der Sprachschule waren, aber wenn es ansatzweise so weitergehen sollte, sind wir gefühlt übermorgen wieder in Deutschland.
Doch erstmal geben wir uns ein wenig der Vorfreude auf unsere Einsatzorte hin. Die Gedanken, welche Aufgaben wir als erstes zu erledigen haben, wie viele Messen wir am kommenden Sonntag erleben werden, in denen wir uns vorstellen dürfen und vieles mehr.
Eigentlich beginnt erst jetzt die Zeit hier in Mexiko. Der Tage zwischen Vokabeln und Urlaub sind nun vorbei.

Manche würden sagen: Jetzt beginnt der Ernst des Lebens.

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