Über die Gedanken, die Sorgen und die Vorfreude während des Fluges


Wind Nord/Ost, Startbahn Null-drei. Draußen schreien die Turbinen.

Die ersten drei Stunden des Fluges haben wir hinter uns gebracht.

Hier über den Wolken scheint die Freiheit grenzenlos, alle Ängste, alle Sorgen, denken wir, sind darunter verborgen und dann, alles was uns groß und wichtig erscheint, ist plötzlich nichtig und klein.

Diese Zeilen liegen bei einem Blick aus dem Fenster in 9755m Höhe nicht fern.

Doch was liegt dort unter den Wolken verborgen? Was haben wir vor etwas mehr als 3000 km darunter gelassen und was erwartet uns unter diesem weißen Zwischenboden in etwa 6500 km?

Es sind die Erinnerungen, die Wehmut und Sehnsucht, die unsere Gedanken auf der einen Seite ausmachen. Dem gegenüber steht die Vorfreude. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die uns erwarten, halten die anderen Gefühle ein wenig im Zaum.

Ein kleiner Bericht über die Sorgen und die Vorfreude.

So richtig begann der Abschied, als die beiden Vorbereitungsseminare vorbei waren. Wir haben im Rahmen unseres zweiten Vorbereitungsseminars, das in Berlin stattgefunden hat, einiges über uns selbst herausfinden dürfen. Dabei zu überlegen, wer mich in meinem Leben bislang geprägt hat und von wem ich mich noch verabschieden muss, war so intensiv und emotional, wie spannend.

Danach fingen die Gedanken erst richtig an.

Ein paar Worte an die Wehmut und die Sehnsucht:
Die Familie zurücklassen. Für ein Jahr lang nicht mehr am gewohnten Küchentisch sitzen, um gemeinsam mit der Familie zu essen. Ein letztes Mal barfuß durch den Garten schlendern und sich dabei die vielen Situationen ins Gedächtnis rufen, in denen wir Jungs dort Fußball gespielt haben. Sich noch einmal spät abends auf den Balkon setzen und das Lebensgefühl, die Umgebung, die Geräuschkulisse aufsaugen und konservieren. 




Es ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem ich, an dem wir Freiwilligen loslassen mussten. 






Die Eltern und die Geschwister das letzte mal für min. ein halbes Jahr in den Arm nehmen. Natürlich auch kein Freudentanz. Dabei auch die richtigen Worte zu finden ist zugegeben keine einfache Aufgabe. Es gibt so viel zu sagen, so viel zu erzählen, aber doch keine Worte für das, was man ausdrücken möchte. Manchmal ein beklemmendes Gefühl.
Eine letzte Umarmung vor ein paar Stunden am Flughafen und dann geht es in den Bereich der Sicherheitskontrollen. Die eine oder andere Träne lässt dabei natürlich auch nicht auf sich warten.

Mindestens genauso anstrengend ist der Abschied von den Freunden.
In jedem Freundeskreis liegt man sich in den Armen mit der Gewissheit, den jeweils anderen ungewohnt lange nicht zu sehen. In den vergangenen acht Jahren, waren sechs Wochen Sommerferien teilweise schon grenzwertig lange. Wer dann mal etwas mehr Urlaub machte, musste damit auskommen, seine Freunde eineinhalb Monate nicht zu sehen. Jetzt ist es ein Jahr.
Aus diesem Grund musste also der eine oder andere Abend auch mal gemeinsam mit ein oder zwei Kaltgetränken genossen werden.


Diese gemeinsamen Situationen, Urlaube mit der Familie oder mit Freunden, fungieren dann nicht einfach nur als Abschied. Wir können auch viele Erinnerungen an diese wundervollen Zeiten mitnehmen. 
Im Zuge des ersten Vorbereitungsseminars haben wir Freiwilligen ausgiebig über das „Kulturschockmodell“ gesprochen. Dieses Modell baut auf Erfahrungswerte auf und beschreibt in einer Kurve die Intensität des Kulturschocks.

Erfahrungsgemäß wird es für uns also von November bis Januar anstrengend.
Der Kulturschock macht sich dann vor allem durch Demotivation und Sehnsucht bemerkbar. Beide sind Gefühle, die zu erwarten sind, die aber auch zu bewältigen sind. Bei dieser Bewältigung, so ist zumindest meine persönliche Hoffnung, sollen die Erinnerungen an die wunderbaren Zeiten, die wir jetzt in der Phase des Abschieds, aber auch in den vergangenen 18 Jahren gesammelt haben, helfen.

Zugegeben, diese Zeilen hören sich sehr schwarzmalerisch an, was allerdings nur ein kleiner Teil der Gefühlswelt des FSJs ist. 

In den anderen Zeiten unseres Freiwilligendienstes sind es die neuen Erfahrungen, die wahrscheinlich wenig Zeit für Sehnsucht übriglassen. Ob das Jahr wirklich so gut wird, wie es sich ankündigt, kann ich erst danach sagen, doch die Wahrscheinlichkeit für das Misslingen dieses Jahres ist sehr gering.
Das Maß an Gastfreundschaft und Vorfreude, das mir bereits nach Deutschland überbracht wird, macht einfach nur gute Laune und stimmt mich zuversichtlich, alle Ängste, alle Sorgen dann über den Wolken zu lassen.
Sowohl über WhatsApp, Facebook, aber auch über ehemalige Freiwillige, bekomme ich die Versicherung, herzlich aufgenommen zu werden. Die vielen Wünsche, die Padre Beto, mein „chef“, mir dann auf Italienisch bereits hat zukommen lassen, die unzähligen Grüße, die Anel, eine sehr engagierte Dame der Pfarrei, mir über Facebook oder die aktuellen Freiwilligen hat zukommen lassen, sprechen für eine gute Zeit in Mexiko.

Beide sind auch auf dem Foto. Dieses Bild ist bei dem Partnerschaftsjubiläum der beiden Bistümer dieses Jahr entstanden. Sie gehörten der Delegation Mexikaner an, die die Partnerschaft hier in Deutschland mitfeiert.
Mit auf dem Bild ist auch Rosita, die Köchin des Gemeindehauses in Cardonal. Rosita in Cardonal zu haben, ist für mich als Deutschen Freiwilligen ein riesen Geschenk, da Sie inzwischen durch die jahrelange Partnerschaft auch ein paar Deutsche Gerichte kochen kann. Das soll nicht heißen, dass ich mich ein Jahr lang bekochen lassen möchte, aber mal etwas Deutsches gemacht zu bekommen, ist sicherlich angenehm.

Inzwischen habe ich im Entstehungsprozess dieses Eintrages eine kleine Pause eingelegt und Jim Knopf &Lukas auf deren Abenteuer begutachtet. So, wie die beiden sich mit Emma auf den Weg machen neues zu entdecken, werden auch wir in viereinhalb Stunden landen und auf unseren gepackten Koffern unser eigenes Abenteuer starten. Es wird bestimmt schon gut gehen. Es wird auch hoffentlich keiner von uns mit seiner persönlichen Prinzessin Lissi, oder einer heranwachsenden Molli wieder heimkehren.
Wer diesen Satz nicht einordnen kann, ist herzlich eingeladen den Film „Jim Knopf &Lukas der Lokomotivführer“, einmal anzuschauen.

Wenn dieser Eintrag auf meinem Blog erscheint, sind wir wahrscheinlich bereits einige Stunden bis ein paar Tage in Mexiko. Eigentlich hätte ich diese paar Zeilen auch gerne direkt aus dem Flieger hochgeladen, nur leider ist die Lufthansa zu geizig das Board W-Lan kostenlos zugänglich zu machen.

Ich hoffe einen hinreichenden Eindruck in die Gedankenwelt kurz vor und während dieser Reise gegeben zu haben.

Vielen Dank fürs Lesen und Glück auf!

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